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Arbeitsrecht Einführung elektronischer Zeiterfassung

Bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen.

Nach dieser Rahmenvorschrift hat der Arbeitgeber zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 ArbSchG unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten für eine „geeignete Organisation“ zu sorgen und die „erforderlichen Mittel“ bereitzustellen. Bei unionsrechtskonformem Verständnis beinhaltet die gesetzliche Regelung auch die – grundsätzliche – Verpflichtung der Arbeitgeber, ein System zur Erfassung der von ihren Arbeitnehmern geleisteten täglichen Arbeitszeit einzuführen, das Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeit einschließlich der Überstunden umfasst.

Ausschlaggebend für ein solches Verständnis von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG ist der in den Gesetzesmaterialien ausgedrückte Wille des Gesetzgebers. Danach sollte mit dieser nationalen Vorschrift Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG umgesetzt werden (vgl. BT-Drs. 13/3540 S. 16). Die Norm sieht u.a. vor, dass der Arbeitgeber die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Bereitstellung einer geeigneten Organisation und der erforderlichen Mittel trifft. Da sich § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG – dem Umsetzungswillen des Gesetzgebersentsprechend – sprachlich weitgehend an Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG orientiert, soll ihm nach den Vorstellungen des Gesetzgebers derselbe Bedeutungsgehalt wie der unionsrechtlichen Vorgabe zukommen. Sie beinhaltet nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch die Verpflichtung eines Arbeitgebers zur Einrichtung eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems für die Erfassung sämtlicher Arbeitszeiten (EuGH 14. Mai 2019 – C-55/18 – [CCOO] Rn. 62). Der Gerichtshof hat diese Auslegung nicht lediglich auf Art. 3 und 5 sowie Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG iVm. Art. 31 Abs. 2 GRC gestützt. Er hat die Verpflichtung zur Einführung und Verwendung eines entsprechenden Arbeitszeiterfassungssystems im Betrieb vielmehr auch aus der in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG verankerten allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Organisationspflicht des Arbeitgebers abgeleitet.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. September 2022 – 1 ABR 22/21 –

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022

Beitrag veröffentlicht am
3. März 2023

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