Sofortkontakt zur Kanzlei
georg und schmitt Ihre Rechtsanwälte und Notare in Siegen
Georg und Schmitt
Aktuelle Fachbeiträge
 

Arbeitsrecht Erschütterung des Beweiswerts einer AU-Bescheinigung

Eine Frau war seit Ende August 2018 als kaufmännische Angestellte in einem Unternehmen beschäftigt. Am 8. Februar 2019 kündigte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis zum 22. Februar 2019 und legte gleichzeitig eine auf den 8. Februar 2019 datierte, als Erstbescheinigung gekennzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Die Arbeitgeberin verweigerte daraufhin die Entgeltfortzahlung mit der Begründung, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sei, weil diese genau die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nach der Eigenkündigung abdecke. Die Arbeitnehmerin hat demgegenüber vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht, sie sei ordnungsgemäß krankgeschrieben gewesen und habe vor einem Burn-Out gestanden. Sowohl das Arbeitsgericht, als auch das Landesarbeitsgericht hatten der auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 gerichteten Zahlungsklage zunächst stattgegeben.

Das Bundesarbeitsgericht entschied letzllich anders und hob das erstinstanzliche Urteil auf: Die Arbeitnehmerin hätte die von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit im Streitzeitraum zwar unächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen, was das gesetzlich vorgesehene Beweismittel wäre. Dessen Beweiswert könne der Arbeitgeber allerdings erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und gegebenenfalls auch beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelinge dies dem Arbeitgeber, müsse der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig gewesen war. Der Beweis könne insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen. Nach diesen Grundsätzen habe die Arbeitgeberin vorliegend den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 8. Februar zum 22. Februar 2019 und der am 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründe einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeitnehmerin sei ihrer prozessualen Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit – selbst nach Hinweis des Bundesarbeitsgrichts – nicht hinreichend konkret nachgekommen. Die Klage auf Entgeltfortzahlung sei daher abzuweisen gewesen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. September 2021 – 5 AZR 149/21

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 08.09.2021

Beitrag veröffentlicht am
27. Oktober 2021

Diesen Beitrag teilen